Skizze 5 Die Bauten Westfalens und in den Niederlanden

Verden, Dom und St.Johannes, Kirchen um Groningen

Auf der Ostfriesischen Halbinsel ist in Middels eine Holzkirche des 10.Jh. ausgegraben worden, die bisher als die älteste datiert wird. Eine vergleichbare Holzkirche in etwa der gleichen Zeitstufe hat man auch in Zetel ausgegraben. Wie auch bei der in Stedesdorf nachgewiesene Kirche handelt es sich um Schwellbalkenkonstruktionen auf Findlingsfundamenten. Die Wände dieser alten Fachwerkbauten wurden aus Senkrechten Brettern (Stabhölzer) gebildet, die auf den Schwellbalken zwischen den Tragenden Pfosten standen. Erhalten hat sich diese Bauweise heute noch bei den Norwegischen Stabkirchen. Bis ins 13.Jh. war diese Bauweise aber auch in Norddeutschland weit verbreitet. Auch bei den Slawen entlang der Ostsee war diese Bauweise bekannt. Ab etwa 1150 wurden die Holzkirchen durch Steinbauten ersetzt, etwa gleichzeitig setzte auch die Versorgung der Küste mit Tuff als Baumaterial ein. Der Tuff wurde in der Eifel gebrochen und erreichte in Utrecht und Deventer die Küste, von dort wurde er verschifft. Neben der Friesischen Küste wurden auch Nordfriesland und Südjütland, über den Eider-Treene-Haithabu-Weg auch Schleswig beliefert. Schon im 13.Jh. wurden in Ostfriesland einige Tuffbauten abgebrochen und durch neue Steinbauten ersetzt. Das gleiche wiederholte sich im 15.Jh.

In Weener, Bingum, Midlum, Dikum, Bunde und im Reiderland (NL) ersetzte die erste Schicht von Backsteinbauten ohne andere Zwischenbauten gleich die alten Holzbauten. Bingum, Bunde, Midlum und Dikum bilden dabei eine Gruppe. Mit Bingum sind auch die niederländischen Bauten von Marsum und Oosterwiftwerd bei Delfzijl verwandt.

Um 1150 wird in Verden der alte Steindom von 1028 umgebaut, der den Holzkirchen folgte, von diesem vor 1185 geweihten romanischen Bau hat sich nur der Südwestturm erhalten, dessen oberer Teil aus Backstein mit deutlichen lombardischen Anklängen errichtet wurde. Ebenfalls um oder nach 1150 wurden in Verden die Saalkirchen St.Andreas und St.Johannes errichtet. Bei beiden haben sich nur die Ostteile im wesentlichen unverändert erhalten; bei St.Johannes ein Kastenchor und bei St.Andreas ein eingezogener Chor mit Halbrund-Apsis. Zu diesen frühesten Backsteinbauten in Westsachsen muß man die vermutlich von Verden abhängigen Umbauten der Schloßkirche in Varel und die langgestreckten Apsidensäle von Hage und Victorbur zählen. In Varel hat man ähnlich wie am Verdener Dom einen in anderem Material begonenen Westturmunterbau (in Varel ein sächsischer Querriegel) mit Backstein als Zweiturm-Anlage fortgesetzt. Der Apsidensaal von Hage wird um 1200-1220 angesetzt, vielleicht auch noch näher an 1185, dem dann der Apsidensaal von Victorbur um 1220-40 folgt und dem vielleicht noch der Apsidensaal von Horsten von vor 1250 zuzurechnen ist. In Hage und Victorbur sind die Längswände nur im oberen Bereich, in etwa der Fensterzone bis zur Traufe gegliedert. In diesem Bereich werden zum Teil Rundstäbe zur Feldeinteilung verwendet. Rundstäbe tauchen auch noch in Ratzeburg an der Apsis auf. Eine Unterteilung in einem gegliederten oberen und einem ungegliederten unteren Bereich gibt es auch an der Apsis von St.Nikolai in Brandenburg, die vor 1173 angesetzt wird.